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Wir blicken zurück auf das erste Ideenlabor von Citizen Science Zürich vom 1. und 24. Oktober 2024. Die ko-kreative Projektwerkstatt hat zum Ziel, Akteur*innen aus Wissenschaft und Gesellschaft aus dem Raum Zürich zu einem bestimmten Thema zusammenzubringen. Dadurch soll Raum für Vernetzung und gegenseitiges Austauschen geboten und neue Projekte initiiert werden. Dieses Jahr drehte sich alles um das Thema «Bewegung» in der Stadt – von Mobilität über Gesundheit bis hin zu Sozialem.
Es ist ein regnerischer und frischer Herbsttag Anfang Oktober, an dem sich eine kleine Gruppe Akteur*innen aus Wissenschaft und Gesellschaft bei Intrinsic in Zürich-West trifft. Nicht nur draussen erinnert das Gebäude an die industrielle Vergangenheit des Quartiers. Auch drinnen bleibt innovatives Flair überall präsent. Im hohen, dank grossen Fensterfronten mit Licht durchfluteten Raum, sitzen die ersten Teilnehmenden bereits an den drei Tischgruppen und sind in angeregte Gespräche vertieft. Mitten im Raum verteilt stehen einige Stellwände für die späteren Brainstorming-Aktivitäten. Man merkt: Hier wird in den nächsten Stunden viel diskutiert, ausgetauscht und gearbeitet.
Das Wichtige am heutigen Tag ist das gegenseitige Kennenlernen. Lukas Stadelmann, der durch den ersten Tag leitet, ermöglicht das mit gekonnter Leichtigkeit. Zum Einstieg gibt es ein Kennenlern-Bingo: Auf einem Blatt Papier stehen diverse Fragen, wer am schnellsten überall eine Ja-Antwort erhalten hat, gewinnt. Es schafft zwar niemand, dafür ist die Auflockerung geglückt und es herrscht eine heitere Stimmung. Danach folgt eine kurze Präsentation über Citizen Science Zürich, über die Ziele und Agenda des ersten Tages. Nach zwei weiteren kurzen Kennenlernspielen geht es dann auch thematisch los.
Den thematischen Schwerpunkt legt das diesjährige Ideenlabor auf Bewegung in urbanen Räumen. Wir suchen nach Lösungen, wie wir in dieser Thematik zu gleichberechtigten und nachhaltigen Lebensweisen in der Stadt beitragen können. Das Thema Bewegung haben wir bewusst breit gehalten, um möglichst wenig vorzudefinieren. Um es dennoch etwas eingrenzen zu können, legen wir die drei Schwerpunkte Mobilität, Gesundheit und Soziales fest. Was assoziieren die Teilnehmenden spontan mit den Begriffen? In einer ersten Brainstorming-Session werden alle Gedanke auf Post-its festgehalten.
Entlang dieser drei Themenbereiche bilden sich dann Zweier-Teams, die sich den Rest des Vormittags zusammen durch die Fast Forward Challenge arbeiten. Diese basiert auf dem sogenannten Wallet Project Exercise der Stanford University und dient dazu, die Teilnehmenden in kurzer Zeit in das Design Thinking einzuführen. Highlight vor dem Mittagessen sind die Resultate der Übung: Kreative Prototypen aus Lego gebastelt, die erste Themen und Forschungsfragen visualisieren und greifbar machen.
Nach der Mittagspause geht es mit der interaktiven Kreativmethode Design Dash weiter. Sie eignet sich, um neue Ideen und Lösungen zu entwickeln. Dieses Mal in Vierer-Gruppen formieren sich die Teilnehmenden um die drei Themenbereiche Mobilität, Gesundheit und Soziales. Gemeinsam entscheiden sie sich für ein konkretes Thema und nähern sich Schritt für Schritt einer passenden Forschungsfrage an. Sie brainstormen, tauschen sich aus, bringen neue Perspektiven von Teilnehmenden anderer Gruppen mitein, verfeinern und testen ihre ausgearbeiteten Fragestellungen. Die Resultate werden schliesslich kurz im Plenum vorgestellt und besprochen.
Nach einer kurzen Schlusspräsentation mit Ausblick auf das nächste Treffen, geht dieser produktive und intensive erste Tag zu Ende.
Gut drei Wochen sind verstrichen, als die Teilnehmenden Ende Oktober kurz nach Mittag ein zweites Mal in Zürich-West zusammenkommen. Heute dauert das Treffen nur einen halben Tag und neu leitet Léon Späth durch den Nachmittag. Während am ersten Tag der Fokus auf dem gegenseitigen Kennenlernen und dem Ausarbeiten erster Ideen lag, ist das Ziel von heute, konkrete Kooperationen zu bilden und zu klären, was es für die Zusammenarbeit braucht und wer was beitragen kann. Auch hierfür greifen wir wieder in die Trickkiste ko-kreativer Methoden. Dieses Mal sind es zwei Methoden aus der td-net Toolbox.
Mit der Actor Conestellation Methode verorten die Teilnehmenden ihre Interessen entlang der drei Hauptthemen – eine gesunde, mobile und kohäsive Stadt. Sehr klar positionieren sie sich um die zwei Themenkomplexe Mobilität und Kohäsion. Daraus entstehen drei Gruppen, die in den nächsten Stunden zusammenarbeiten werden.
Mit der Outcome Space Methode werden nun die unterschiedlichen Themen verfeinert. Die Teilnehmenden notieren sich Stichworte zu den Fragen: Welches Problem wollen wir lösen, was wollen wir in der Welt verändern (Situation)? Welches neue Wissen wollen wir generieren (Wissen)? Welche Fähigkeiten wollen wir erlernen (Fähigkeiten)? Die Post-its werden dann in einem Diagramm angeordnet und mit den anderen in der Gruppe geteilt und diskutiert. Im nächsten Schritt wird die Ideensammlung auf das Kriterium der Machbarkeit eingegrenzt. Was ist tatsächlich umsetzbar und möglich? Alle anderen Post-its werden aussortiert.
Die erste Gruppe nimmt das bestehende Fahrradrikscha-Projekt von «Radeln ohne Alter» als Grundlage. Der Verein unternimmt ehrenamtlich Rikscha-Fahrten mit Senior*innen aus Alters- und Pflegeheimen, damit diese ihre Umgebung neu entdecken und einen Ausflug unternehmen können. Was gleichzeitig den Austausch zwischen Generationen fördert. Die Gruppe fokussiert sich nun auf Menschen mit Demenz. Wie könnten Menschen mit Demenz, die oft an Orientierungsschwierigkeiten leiden und deshalb einen kleinen Bewegungsradius haben, von Rikscha-Fahrten profitieren? Welche Bedürfnisse könnten dadurch abgedeckt und wie müssten demenzsensible Pilot*innen ausgebildet werden?
Auch die zweite Gruppe widmet sich dem Fahrradrikscha-Projekt, wobei der Fokus auf die Herausforderung gelegt wird, dass Institutionen wie Altersheime bei Anfrage kein Interesse am Projekt zeigen. Alle bisherigen Teilnehmenden sind aber begeistert davon. Was sind die Vorbehalte von potenziellen Nutzer*innen und wie könnten sie abgebaut werden? In anderen Worten: «Why Don’t You Just Riksha?»
Die dritte Gruppe nimmt sich dem grossen Thema Mobilität in der Stadt an. Wie lassen sich die Bedürfnisse der unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer*innen in Zürich miteinander vereinbaren? Als Inspiration dienen andere Städte, in denen bereits Zonen bestehen, in denen der öffentliche Raum allen gehört und das Gesetz des Schwächeren gilt. «Mobil grenzenlos» – wie könnte das hier in Zürich funktionieren?
Die entstandenen Gruppen können in den nächsten Wochen auf die beratende Unterstützung des Teams von Citizen Science Zürich zählen. An zwei offenen Werkstätten erhalten sie Zugang zum geballten Know How der Geschäftsstelle und können darüber hinaus die Räumlichkeiten (samt Kaffeemaschine) nutzen, um sich zu treffen und weiter an ihren Projektideen zu feilen.
In einem nächsten Blogartikel berichten wir weiter.
Redaktion: Olivia Höhener, Julienne Karzig, Ursina Roffler
Fotos: Ursina Roffler