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In einer winterlichen Woche Ende Januar 2025 nahmen 30 Nachwuchsforschende aus 14 Ländern an unserer Citizen Science Winter School an der Universität Zürich (UZH) und der ETH Zürich teil. Es war die vierte Ausgabe unserer Citizen Science School, die gemeinsam von Citizen Science Zurich und dem Graduate Campus der UZH organisiert wurde. Das diesjährige Thema lautete: Participation, Power, and Perspective – Opening Up Research Through Citizen Science.
Autorin: Julienne Karzig
Fotos: Julienne Karzig, Alessandro Rearte, Ursina Roffler
Als Organisatoren der Citizen Science Schools möchten wir den Teilnehmenden verschiedene Citizen Science-Ansätze vorstellen, sie zum Nachdenken über nützliche Tools für ihre eigenen Projekte anregen und ihnen Möglichkeiten bieten, sich zu vernetzen und voneinander zu lernen. In diesem Jahr haben wir ein neues E-Learning-Modul eingeführt, das die Teilnehmenden im Vorfeld absolvierten.
Das Programm bestand aus einer Mischung aus Keynotes, interaktiven Workshops, Präsentationen lokaler Citizen Science-Projekte und einem Barcamp - einer von den Teilnehmenden geleiteten Mini-Konferenz. Lange Mittagspausen ermöglichten das Knüpfen von Kontakten, und optionale gemeinsame Abendessen boten weitere Gelegenheiten zum Austausch.
Diese Ausgabe unserer Citizen Science School legte den Schwerpunkt auf Macht und Perspektiven und lud die Teilnehmenden ein, über folgende Punkte nachzudenken:
In ihrer Keynote sprach sich Katja Mayer dagegen aus, Einwilligungserklärungen in der Forschung nur als «ein Kästchen zum Ankreuzen» zu betrachten, das für die Erteilung einer ethischen Genehmigung erforderlich ist. Stattdessen kann die informierte Zustimmung (informed consent), insbesondere bei Citizen Science, zu einem grundlegenden Instrument für den Austausch zwischen akademischen Forschenden/Projektleitenden und Citizen Scientists werden. Wenn sie als Prozess behandelt wird, stellt die Aushandlung einer informierten Zustimmung sicher, dass alle Beteiligten den Umfang, den Nutzen und die möglichen Risiken des Projekts verstehen. Und idealerweise wird es gemeinsam entwickelt. Um verschiedene Zielgruppen zu erreichen, kann es notwendig sein, von der klassischen Einverständniserklärung abzuweichen und stattdessen kreative Wege der Projektkommunikation zu beschreiten, z. B. in Bezug auf den Umfang der Beteiligung, den Datenschutz oder ethische Fragen. Statt langatmiger Formulare könnten die Forschenden Videos oder Poster verwenden. Auf diese Weise kann die informierte Zustimmung zu einem befähigenden Instrument werden und Vertrauen und Gerechtigkeit in der Wissensproduktion ermöglichen.
Der Workshop von Yvonne Riaño über die Positionierung von Forschenden und partizipative Methoden bot den Teilnehmenden wertvolle Einblicke in feministische und postkoloniale Forschungsansätze. Der Workshop begann mit einer Erkundung, wie diese theoretischen Rahmen die traditionelle Wissensproduktion in Frage stellen, indem sie die Machtdynamik zwischen Forschenden und den Menschen, die sie untersuchen, in Frage stellen. Die von Yvonne Riaño entwickelte Minga-Methode wurde als konkretes Beispiel für einen partizipatorischen Ansatz vorgestellt, der Räume des gegenseitigen Lernens und der gemeinschaftlichen Wissensproduktion fördert. Die Teilnehmenden beschäftigten sich mit der Durchführung sozial verantwortlicher Forschung und überlegten, wie sie integrative Räume und sinnvolle Partnerschaften aufbauen können. Die Gruppenarbeit ermutigte die Teilnehmenden, diese Konzepte auf ihre eigenen Projekte anzuwenden, was in einer lebhaften Plenardiskussion über die Möglichkeiten und Grenzen partizipativer Methoden gipfelte.
Mirko Bischofberger führte die Teilnehmenden in die wichtigsten Kommunikationsstrategien ein und konzentrierte sich dabei auf das Storytelling als wirkungsvolles Instrument der Wissenschaftskommunikation. Er betonte, dass jede fesselnde Geschichte (A) einen Protagonisten oder Protagonistin, (B) ein klares Ziel oder einen Wunsch, den er/sie erfüllen möchte, und (C) ein Hindernis, das einen Konflikt verursacht, aufweist. Entscheidend ist, dass es sich um eine Person handelt, mit der sich jeder Leser und jede Leserin auf einer menschlichen Ebene identifizieren kann. Mirko stellte auch Vorlagen vor, die bei der Strukturierung von Erzählungen helfen. Anhand von Übungen und kurzen Präsentationen erkundeten die Teilnehmenden diese Mittel und Techniken des Geschichtenerzählens. Sie setzten sich kritisch mit bestehenden Texten auseinander und übten, klare und fesselnde Botschaften zu formulieren, um letztendlich die Art und Weise zu beeinflussen, wie sie die Geschichte ihrer eigenen Projekte vermitteln.
Das Barcamp am Mittwoch begann mit einer ausgedehnten Morgensitzung, bei der wir gemeinsam einen Zeitplan für den Tag aufstellten. Die Teilnehmenden schlugen Themen vor, die sie diskutieren wollten, oder Kompetenzen, die sie weitergeben wollten. Nach einigem Hin und Her einigten wir uns auf zehn Sitzungen, die auf zwei Zeitfenster verteilt waren. Als Organisatoren waren wir anfangs etwas besorgt darüber, wie gut das gemeinsam erstellte Programm angesichts der begrenzten Zeit funktionieren würde – aber es klappte erstaunlich gut! Die Sitzungen deckten eine Reihe von Themen ab, darunter ein Roundtable-Gespräch über Citizen Science in der Gesundheitsforschung, eine Sitzung über Ko-Kreation in städtischen Projekten und eine Debatte über die Hierarchien zwischen Akademiker*innen und Citizen Scientists.
Am Mittwochnachmittag stellten sich ausserdem fünf lokale Citizen Science-Projekten vor:
ZuriACT (Zurich Accessible CiTy)
Care PartIES
Die «Sammlung Borys Malkin» im Blick von Wounaan in Kolumbien
Wild River
FELIDAE: Finding Elusive Links by Tracking Diet of Cats in Environment
Am Donnerstag untersuchte Ruth Förster mit den Teilnehmenden das grundlegende Framework für die Gestaltung partizipativer Forschung. Sie erörterte die wichtigsten Phasen, Grundsätze und die Rollen der verschiedenen Akteure. Anhand interaktiver Übungen und Plenardiskussionen überlegten die Teilnehmenden, wie sich dieses Framework mit traditionellen disziplinären Forschungsprozessen vergleichen lässt, und, wie sie es in ihren eigenen Projekten umsetzen können. Die Einbeziehung der Anwendungskontexte der Teilnehmenden – von Forschungsinitiativen bis hin zur Politikentwicklung – bereicherte die Diskussionen und ermöglichte eine vielschichtige Erkundung des Forschungsdesigns. Am Ende des Workshops hatten die Teilnehmenden ein solides Verständnis für Citizen Science-Ansätze gewonnen.
Annette Jenny wies zu Beginn ihres Workshops darauf hin, dass Forschende und Projektmanager*innen manchmal nicht zwischen verschiedenen Wirkungsebenen unterscheiden, was zu frustrierenden Erfahrungen führen kann. Sie stellte das sogenannte I-O-O-I-Modell (Input-Output-Outcome-Impact) vor, um diese Unterscheidung zu verdeutlichen. Annette zeigte den Teilnehmern auch das Target Tree Tool, mit dessen Hilfe die Ziele weiter nach Zielgruppen differenziert werden können.
Pia Viviani kehrte zur Winter School zurück, um ihren Workshop zum Community Management zu halten, der sich bereits in der vorangegangenen Summer School bewährt hatte. Pia betonte, dass erfolgreiche Citizen Science-Projekte das Verständnis der wichtigsten beteiligten Akteure und Organisationen voraussetzen. Anhand einer praktischen Checkliste führte sie die Teilnehmenden durch den Prozess der Durchführung einer Stakeholder-Analyse. Pia ermutigte die Teilnehmenden, während der gesamten Sitzung kreative Ansätze zu verwenden. Der Workshop beinhaltete eine Übung, bei der sich die Teilnehmenden im Kreis bewegten, um Ideen zu sammeln, was zu mehreren neuen Vorschlägen für Projektnamen führte.
Parallel dazu hielt Rosy Mondardini eine Einführungsveranstaltung über unsere beiden digitalen Tools für Forschende: den CS Logger, mit dem Ihr eine App erstellen könnt, die Citizen Scientists zur Datenerfassung nutzen können, und den Project Builder, eine Plattform für die Analyse und Interpretation von Daten. Beide Open Source-Tools können kostenlos genutzt werden. Lest mehr unter dem unten stehenden Link und kontaktiert uns, wenn Ihr sie für Eure Projekte benötigt!
Link zu den Tools
Am letzten Abend trafen wir uns zu einem Abschiedsessen im Ziegel oh Lac, dem genossenschaftlich geführten Restaurant in der Roten Fabrik, einer ehemaligen Fabrik, die heute ein lebendiges Kulturzentrum am See ist. Mit seiner entspannten Atmosphäre und seinem gemeinschaftsorientierten Ansatz bot es den perfekten Rahmen, um die Erfahrungen der Woche zu reflektieren.
Max Maina Muniafu hielt am Freitag die Keynote, die die letzte Session unserer School markierte. Als Vorsitzender der CitSci Africa Association und ausserordentlicher Professor für Naturwissenschaften an der United States International University-Africa verfügt Max Maina Muniafu über umfangreiche Erfahrungen in der Nachhaltigkeitsforschung in einkommensschwachen Communities. In seinem Vortrag betonte er die Notwendigkeit eines Gemeinschaftsbewusstseins und kontextspezifischer Ansätze und diskutierte die Chancen und Herausforderungen von Citizen Science-Projekten in verschiedenen afrikanischen Ländern. Kritisch merkte er an, dass es notwendig sei, gemeinsam zu forschen: «Ohne Mitgestaltung wird man nur eine weitere Forschungsgruppe sein, die vorbeizieht und sich mit ihren Daten zufrieden gibt». In der anschliessenden Diskussion nannte Max weitere Beispiele für partizipative Projekte, die von Biodiversität, Nahrungssicherheit und Wasserqualität bis hin zu Gesundheit und gemeinschaftsorientierten Anliegen reichen. Einer der Teilnehmenden der Winter School fügte «The Friendship Bench» (Link unten) an, ein äusserst erfolgreiches, gemeinsam entwickeltes Projekt, das in Simbabwe entwickelt und in vielen anderen Ländern nachgeahmt wurde, um den Zugang zu psychosozialer Beratung zu erleichtern.
Link zum Friendship Bench Projekt
Die Stiftung Mercator Schweiz hat es uns ermöglicht, die Citizen Science Winter School zu organisieren. Wir sind sehr dankbar für ihre Unterstützung und freuen uns auf die nächste Citizen Science School im Juni 2026!