Citizen Science in Action – Ein Rückblick auf die dritte Schweizer Citizen Science Konferenz
Vom 5.-6. Juni 2025 fand die Schweizer Citizen Science Konferenz «CitSciHelvetia» zum dritten Mal in Lausanne statt. Der Fokus lag dieses Jahr auf der Zusammenarbeit und Partnerschaften zwischen Zivilgesellschaft und Wissenschaft. Mit diversen Beiträgen waren wir von Citizen Science Zürich mit dabei.
Autorinnen: Melanie Brand, Olivia Höhener, Priya Mohanty, Rosy Mondardini, Julienne Karzig, Ursina Roffler
Fotos: Melanie Brand, Olivia Höhener
Organisiert vom Le ColLaboratoire fand die Konferenz auf dem Campus der Universität Lausanne statt. Mit Blick auf den Genfersee und die dahinterliegenden Gebirgsketten erwartete die insgesamt 350 Teilnehmenden ein umfangreiches und vielfältiges Programm. Eine Mischung aus Kurzvorträgen, Workshops und einem Poster-Forum bot Gelegenheit zum Austausch, Vernetzen und dazu, sich inspirieren zu lassen. Das Motto Citizen Science in Action. Zusammenarbeit zwischen der Zivilgesellschaft und der akademischen Welt trug dem Umstand Rechnung, dass aktuelle komplexen Herausforderungen – wie beispielsweise die Biodiversitäts- und Klimakrise, das Schwinden des sozialen Zusammenhalts oder Probleme im Gesundheitssystem – kollektive Lösungen brauchen. Lösungen, die auf dem Wissen und den Erfahrungen aller Beteiligten aufbauen.
Wir von Citizen Science Zürich trugen dieses Jahr mit diversen Formaten zur Konferenz bei. Unsere Highlights und Eindrücke haben wir in diesem Beitrag festgehalten.
Die Citizen Science Checkliste durch verschiedene Perspektiven betrachten
Zusammen mit Tizian Zumthurm von Schweiz forscht bot Melanie Brand einen Workshop zur gemeinsam entwickelten Citizen Science Checkliste an. Die interaktive Checkliste wurde aufbauend auf den 10 Schweizer Citizen Science Prinzipien entwickelt und stellt Nachfragen zu zentralen Themen partizipativer Forschungsprojekte, zum Beispiel: «Existiert Dein Projekt Dank der Initiative oder aktiven Teilnahme von Citizen Scientists?» Je nachdem wie die Antwort ausfällt, erhalten Nutzer*innen Feedback mit Folgefragen, Impulsen und weiterführenden Informationen. Im Workshop hatten die Teilnehmenden Gelegenheit, sich in Kleingruppen und aus der Perspektive unterschiedlicher Stakeholder*innen mit der Checkliste zu beschäftigen. In der Feedbackrunde entstand eine spannende Idee für eine Adaption: eine Teilnehmerin schlug vor, eine kompakte Checkliste für Citizen Scientists zu entwickeln, die sie dabei unterstützt, die Qualität von Citizen Science Projekten einzuschätzen.
Raum schaffen für Begegnungen
Mit einem Poster präsentierten wir unser 2024 erstmals erprobtes Event-Format, das Ideenlabor. Mit der ko-kreativen Projektwerkstatt bringen wir Vertreter*innen aus Wissenschaft und Gesellschaft zusammen und unterstützen diese dabei, neue Partnerschaften zu bilden und gemeinsam Projektideen zu entwickeln. Das Format ist ein Versuch, Räume zu schaffen, damit Begegnungen zwischen Zivilgesellschaft und Wissenschaft möglich und zivilgesellschaftliche Akteure bereits vor dem eigentlichen Projektbeginn in Forschungsprojekte involviert werden. Den Besucher*innen der CitSciHelvetia stellten wir dann auch die Frage, welche Räume sie brauchen, damit sich die Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft und Wissenschaft richtig gut entfalten kann. Dafür brachten wir eine Kiste Duplos mit, aus denen spannende Welten und Räume erschaffen wurden. Gleichzeitig konnten die eigenen Gedanken auch auf Post-Its zu Wort gebracht werden. Beispielsweise wurde festgehalten, dass Universitäten gemeinsam mit den Zielgruppen Public Engagement Events planen sollen, um dadurch zu offenen und attraktiven Orten zu werden. Andere hingegen schlugen vor, solche Events ausserhalb der universitären Gemäuer zu organisieren. In Parks, Cafés und anderen Orten, an denen Menschen bereits regelmässig zusammenkommen.
Ein gelungenes transdisziplinäres Lehrprojekt
Zusammen mit den Studierenden Romy Nigg, Maya Schärer und Sarah Sbalchiero stellte Melanie Brand das gemeinsam mit Dr. Eva Riedke (Universität Konstanz) entwickelte Co-Teaching Format «Citizens Consider(ed). Nachhaltigkeit und KI in der Bodenseeregion» vor. In den an der Universität Zürich und der Universität Konstanz angebotenen Seminaren entwickeln Studierende in Kleingruppen eigene Citizen Science Projekte und setzen Aspekte des partizipativen Forschungsansatzes fokussiert um. So entstanden beispielsweise Projekte zur Nutzung einer Biodiversitäts-App in Schulklassen und zum Einsatz von Robotern in der Pflege.
Eine Forschungsinfrastruktur für Citizen Science konzipieren
Das EU-Projekt RIECS-Concept wird eine europäische Forschungsinfrastruktur für Exzellenz in Citizen Science konzipieren, die die Ressourcen der Bürger*innen (Mobiltelefone, Desktop-Computer usw.) und bestehende wissenschaftliche Ressourcen (Citizen Science Plattformen, Datensammlungen, bestehende Forschungsinfrastrukturen usw.) nutzen wird, um der Forschungsgemeinschaft transversale Dienste anzubieten. Das Konsortium wird in Zusammenarbeit mit einem breiten Spektrum von Communities und wissenschaftlichen Bereichen einen Katalog von Ressourcen, bewährten Praktiken, Lückenbewertungen, rechtlichen und ethischen Erwägungen, Nachhaltigkeit und Governance-Rahmen erstellen. Rosy Mondardini stellte den Teilnehmenden RIECS vor, wobei sie die Rolle von Citizen Science Zürich hervorhob und den Prozess veranschaulichte, der die Schweiz unter den Nutzenden und Begünstigten der Infrastruktur einbeziehen könnte.
Citizen Science an Hoch- und Fachhochschulen – Aufbau einer nationalen Community of Practice
Citizen Science Connected ist ein Projekt von Citizen Science Zürich in Kooperation mit der Universität Genf. Das unmittelbare Ziel des Projekts ist es, ein nationales Netzwerk sogenannter «Citizen Science Contact Points» an Hoch- und Fachhochschulen aufzubauen. Nach Projektende sollen diese Contact Points lokal für an Citizen Science interessierte Personen aus Forschung und Zivilgesellschaft sichtbar und ansprechbar sein. Doch was bedeutet dies konkret für die Profile potenzieller Contact Points? Welche Anforderungen werden von Studierenden, Forschenden, Personen aus der Zivilgesellschaft oder aus der Hochschulverwaltung an sie gestellt? Welche Kenntnisse und Kompetenzen benötigen sie, um diesen Anforderungen gerecht zu werden? Das diverse Publikum der CitSciHelvetia bot uns die ideale Gelegenheit, die Profile der CS Contact Points zu schärfen. Was dabei schnell klar wurde: Die Anforderungen sind komplex! Ein Contact Point besteht deshalb im Idealfall nicht aus einer Einzelperson, sondern aus einem Team von mindestens zwei Personen. Denn ein erfolgreicher Contact Point sollte für unterschiedliche Gruppen zugänglich und anschlussfähig sein – verständlich und einladend für Akteur*innen der Zivilgesellschaft, vertraut mit der Logik von Forschenden und sensibel für die Perspektiven von Studierenden. Gleichzeitig sollten Contact Points als Sammelsurium für alles rund um Citizen Science fungieren – ein Ort, an dem Informationen, Kontakte und Projekte zusammenkommen. Zentrale Voraussetzung dafür sind starke Kommunikationsfähigkeiten: sei es für die Planung von Events, die Begleitung von Projekten oder das Knüpfen von Netzwerken. Hinzu kommen Überzeugungskraft und echtes Engagement für Citizen Science.
Fazit und Ausblick
Die Vielzahl der Beiträge an der diesjährigen CitSciHelvetia zeigt einmal mehr, wie lebendig und vielfältig Citizen Science und partizipative Forschung in der Schweiz sind! Die Community wächst stetig und begrüsst neue Akteur*innen, auch aus der Zivilgesellschaft. Regelmässig stattfindende Veranstaltungen wie die CitSciHelvetia sind notwendig, um sich national miteinander zu vernetzen, über Erfahrungen und Entwicklungen auszutauschen und neue Impulse mitzunehmen.
Bei Konferenzende stand der Veranstaltungsort der nächsten Konferenz in zwei Jahren noch nicht fest und zwei Jahre erschien manchen doch eine recht lange Wartezeit. In Zürich schaffen wir etwas Abhilfe: Vom 6.-7. November sind wir Gastgeber der zweiten Europäischen Citizen Science for Health-Konferenz. Ihr könnt Euch bis am 1. September 2025 (Early Bird) respektive 26. Oktober 2025 (Reguläre Anmeldung) hier anmelden.
Mit dem an der CitSciHelvetia vorgestellten Projekt Citizen Science Connected fördern wir die nachhaltige Vernetzung von Akteur*innen im Bereich Citizen Science an Hoch- und Fachhochschulen der Schweiz. Interessiert? Dann meldet Euch gerne bei uns!
Wir freuen uns über regen Austausch mit den verschiedenen Communities!