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Citizen Science Zürich

  • © ECSA

Citizen Science als Motor des Wandels

Die diesjährige Konferenz der European Citizen Science Association (ECSA) war ein besonderes Ereignis: Rund 550 Teilnehmer aus der ganzen Welt kamen in Wien zusammen, um das 10-jährige Bestehen der Vereinigung zu feiern. An drei Konferenztagen und einem anschliessenden Citizen Science-Festival wurde in einer Vielzahl von Präsentationen, Workshops und Vorträgen das Engagement und die Leistungen der wachsenden Community von Citizen Science-Praktikern hervorgehoben. Unter dem Konferenzthema «Change» deckten die Beiträge ein breites Spektrum an Themen ab und zeigten auf, wie sich das Feld der Citizen Science in den letzten zehn Jahren verändert und entwickelt hat und wie Citizen Science-Projekte dazu beitragen, forschungsbasierte Lösungen für drängende gesellschaftspolitische und ökologische Fragen zu entwickeln. Citizen Science Zürich nahm an der Konferenz teil und profitierte von den Vernetzungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten und präsentierte Einblicke in die Arbeitsgruppe der D-A-CH AG und die Citizen Science Global Partnership.

Bewahrung und Gespräch

In ihrer Keynote stellte Shannon Dosemagen die Frage: «Wie sieht Citizen Science in einer sich verändernden Welt aus?». Als Antwort auf diese Frage hob sie Projekte wie GOSH hervor, eine Community, die sich für offene wissenschaftliche Hardware einsetzt; die Umweltgesundheits-organisation Charrs, die einen generationenübergreifenden und interdisziplinären Ansatz zur Förderung von Gleichheit, Gesundheit und Umweltgerechtigkeit in afroamerikanischen und marginalisierten Communities verfolgt; oder die Arribada Initiative, eine gemeinnützige Organisation, die sich auf Open Source-Lösungen im Bereich der planetaren Gesundheit spezialisiert hat. Sie nannte unter anderem die folgenden Prinzipien und Praktiken für eine nachhaltige Zukunft der Citizen Science: Commoning (die gemeinsame Nutzung und Zugänglichmachung von Ressourcen), die Skalierung einfacher Lösungen und die Suche nach dem Unbekannten, um zuzuhören, zu lernen und sich zu engagieren.

Shannons Vortrag spiegelte die Bedeutung eines Themas wider, das auf verschiedenen Ebenen in vielen der Workshops und Präsentationen eine wichtige Rolle spielte: die Beziehung zwischen Bewahrung und Gespräch, die Verknüpfung von Bemühungen um Schutz, Konsolidierung und Reparatur mit dem Bestreben nach Verbindung, Austausch und Veränderung:

  • Wie können wir die Auswirkungen von Citizen Science bewerten? Warum und für wen ist dies wichtig?
  • Welche Rolle kann/sollte Citizen Science bei der Politikgestaltung spielen?
  • Wie kann Citizen Science genutzt werden, um einen nachhaltigen gesellschaftlichen und ökologischen Wandel auf kommunaler, nationaler und internationaler Ebene zu bewirken?
  • Wie kann Citizen Science inklusiver werden, indem aktiv versucht wird, Barrieren abzubauen und Menschen als Expert*innen ihrer Lebenswelten einzuladen, die sich bisher nicht an Citizen Science beteiligen?

Im Mittelpunkt dieser und vieler ähnlicher Fragen, die sich um das Transformationspotenzial partizipativer wissenschaftsbasierter Methoden drehen, steht eine entscheidende Aufforderung zum Nachdenken:

  • Welche Art von Gesprächen brauchen wir, und mit wem, um genau zu bestimmen, wie der Naturschutz unter Berücksichtigung der vielfältigen Perspektiven, Ressourcen und Interessen aller beteiligten und betroffenen Akteure aussehen soll?

In diesem Zusammenhang war die Rolle von Citizen Science in der Politikgestaltung ein Thema von grossem Interesse. Im Folgenden teilt Olivia ihre Erkenntnisse aus einem der Workshops.

Citizen Science & Politikgestaltung

Ein wichtiges Thema, das auf der Konferenz mehrfach auftauchte, war «policy making» und «policy impact». Aber was sind die Faktoren und das Umfeld, die den Erfolg von Citizen-Science-Initiativen begünstigen? Wie können politische Entscheidungsträger*innen und Geldgeber das Mainstreaming und die Ausweitung von Citizen Science-Verfahren fördern?

Ein Workshop, der besonders hervorstach - auch im Hinblick auf die verwendete Methode und Ausrüstung - war der Workshop «Co-designing Guidelines for Policy-Makers for mainstreaming and upscaling citizen science across the European Research Area» von Rosa Arias. Anhand verschiedener nationaler Fallstudien und der so genannten «Backcasting-Methode» nahmen die Teilnehmenden die Rollen und Perspektiven verschiedener Interessengruppen ein, einschliesslich derjenigen von politischen Entscheidungsträger*innen, Geldgebern, Fakultätsdekanen, Forschenden und Citizen Scientists. Was sind die Interessen und Motivationen dieser Akteure? Welches sind ihre Herausforderungen? Wie sind sie durch gemeinsame Interessen und Herausforderungen miteinander verbunden? Und welche allgemeinen Rahmenbedingungen oder politischen Änderungen wären förderlich?

Anhand von Notizen auf bunten Karten (entworfen von «Science for change» in Barcelona) nahmen die Teilnehmenden verschiedene Positionen ein und gewannen ein tieferes Verständnis für die Dynamik der Akteure, während sie gleichzeitig gemeinsam «ihren» Fahrplan entwarfen. Die Notwendigkeit, alle Akteure mit einem potenziellen Interesse an Citizen Science - einschliesslich Citizen Scientists und Unternehmen - an einen Tisch zu bringen, wenn man Citizen Science voranbringen will, wurde schnell klar. Liebe Kolleg*innen in Österreich, seid Ihr bereit für den Aktionsplan, den wir für Euch entworfen haben?

  • Während des Workshops «Co-designing Guidelines for Policy-Makers for mainstreaming and upscaling citizen science across the European Research Area» nahmen die Teilnehmenden verschiedene Positionen ein und gewannen ein tieferes Verständnis für die Dynamik der Interessengruppen.

  • Unser wunderbares Team auf der Konferenz: Rosy Mondardini, Olivia Höhener und Melanie Brand (von links nach rechts)

  • In lebhaften Diskussionen vor den beiden Postern der Citizen Science Global Partnership (CSGP) und der Citizen Science Arbeitsgruppe für die Zusammenarbeit im deutschsprachigen Raum D-A-CH AG.

  • Shaping and empowering change TOGETHER - das Poster der D-A-CH AG.

  • Der Workshop «Citizen science with schools. Developing best practices for diverse educational contexts» bot einen wertvollen Zugang zu Erfahrungen, gemeinsamen Fragen und Erkenntnissen von Praktikern.

Vernetzung

Die Veranstaltung war auch eine ideale Bühne, um die Fortschritte der Citizen Science Global Partnership (CSGP) zu präsentieren, einer einzigartigen Partnerschaft der weltweit führenden regionalen und nationalen Citizen Science-Vereinigungen, die darauf abzielt, Citizen Science-Initiativen auf globaler Ebene zu verbreiten und gleichzeitig Nord-Süd-Kooperationen zu unterstützen. Citizen Science Zürich spielt als Ko-Gastgeber des Swiss Hub zusammen mit der Universität Genf eine Schlüsselrolle in der Partnerschaft und ist im Sekretariat für die strategische Kommunikation zuständig.

Die drei Sitzungen über die CSGP umfassten ein Poster (Überblick), eine mündliche Präsentation von Rosy Mondardini über die Aktivitäten der Partnerschaft und ihre jüngsten Erfolge sowie eine «Fishbowl»-Diskussion über die Pläne der CSGP für die Zukunft. Die CSGP hat bereits begonnen, ihren Ruf zu festigen, indem sie sich auf der internationalen Bühne engagiert. So hat sie beispielsweise zur Umsetzung der UNESCO-Empfehlungen für offene Wissenschaft beigetragen und arbeitet mit dem UNEP an der Aufnahme von Citizen Science-Daten in dessen «World Environment Situation Room Portal». Die Partnerschaft hat auch ein UNICEF-Projekt zum Thema «learning to earning» gestartet, bei dem Citizen Science zur Bewältigung von Umweltproblemen auf Gemeindeebene eingesetzt wird. Geplant ist auch die Teilnahme an der SDG-Olympiade, einer Initiative, die der Jugend der Welt Citizen Science für die Umweltgesundheit näher bringen soll.

Eher auf regionaler Ebene angesiedelt, vereint die D-A-CH AG – unter dem Ko-Vorsitz von Citizen Science Zürich – Akteure im Kontext von Citizen Science wie Plattform-Anbieter und Vertreter*innen von Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Ihr Anliegen ist es, die Zusammenarbeit im deutschsprachigen Raum zu intensivieren, Synergien zu nutzen, Best Practices auszutauschen und kurze Wege des informellen Austauschs zu etablieren. Das Poster (rechts neben dem Poster der CSGP) stellte erste Ergebnisse der Kooperation vor, wie beispielsweise länderübergreifend geplante und durchgeführte Workshops zu «Open Data in Citizen Science» und «Digital Ethics». Es ging auch auf Herausforderungen in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit ein, wie beispielsweise unterschiedliche Strukturen in nationalen Netzwerken, unterschiedliche politische Rahmenbedingungen und fehlende Ressourcen für die Vernetzung.

Die Arbeitsgruppe richtete sich speziell an Leitende und Mitglieder anderer Netzwerke und Arbeitsgruppen, die sich mit der Frage befassen, wie Netzwerke einen Rahmen für gemeinsames Lernen und konkrete Veränderungen schaffen können, und teilte ihre zentralen Erkenntnisse mit: Ja, es ist tatsächlich möglich, Veränderungen zu initiieren! Ideen und Vorschläge, die von den ECSA-Teilnehmenden eingebracht wurden (und während der Präsentation mit Post-Its auf dem Poster befestigt wurden), werden für das Arbeitsprogramm der Arbeitsgruppen berücksichtigt.

Citizen Science & Schulen

Da Citizen Science Zürich untersucht, wie wir dazu beitragen können, die Rolle von Citizen Science im Bildungsbereich in der Schweiz zu stärken und zu erweitern, boten das Arbeitsgruppentreffen «Citizen Science in Education» und der Workshop «Citizen science with schools. Developing best practices for diverse educational contexts» boten einen wertvollen Zugang zu Erfahrungen, gemeinsamen Fragen und Einsichten von Praktikern. Möglichkeiten und Erfahrungen von Citizen Science-Projekten an Schulen kamen in vielen weiteren Vorträgen und Workshops zur Sprache. Zusammen mit der Tatsache, dass insgesamt 66 Personen (!) an dem von Tim Kiessling, Wiebke Brink, Julia Lorke, Elisabeth Schauermann, Petra Siegele, Katrin Kruse und Fabienne Wehrle angebotenen Workshop teilgenommen hatten, wurde deutlich, dass das Thema an Fahrt gewinnt - eine Beobachtung, die wir bereits auf dem Citizen Science Forum in 2023 in Freiburg (Deutschlang) gemacht hatten.

Sowohl in der Arbeitsgruppensitzung als auch im Workshop wurde die Frage, wie man Citizen Science in die Schulen bringen und im besten Fall längerfristige Engagements aufbauen kann, als ein zentrales Anliegen identifiziert. Einige berichteten, dass sie auf persönliche Netzwerke zurückgriffen und es ihnen gelungen war, eine vertrauensvolle Beziehung zu einer bestimmten Lehrperson an einer Schule aufzubauen, die ihnen die Möglichkeit gab, regelmässig Citizen Science-Projekte durchzuführen. Wenn die Lehrperson jedoch die Schule verlässt, würde diese Möglichkeit höchstwahrscheinlich wegfallen. Andere Ansätze zielen darauf ab, Lehrpersonen in grösserem Umfang zu erreichen, indem sie Informationen über Citizen Science in Lehrerfortbildungsformate aufnehmen, was vielversprechende Ergebnisse gezeigt hat. Da Schulsysteme und -kontexte jedoch äusserst heterogen sind und nicht nur im transnationalen Vergleich, sondern auch innerhalb der Länder selbst grosse Unterschiede aufweisen, gibt es keinen einheitlichen Ansatz.

Trotz aller Herausforderungen waren sich Forschende, Moderierende und Lehrpersonen einig: Die Beteiligung von Schüler*innen an Citizen Science birgt ein grosses Potenzial für spannende und komplexe Lernumgebungen ausserhalb des Klassenzimmers. Und diese sollten über das Sammeln von Daten hinausgehen und zur Bedeutungsgebung führen: Wie Heidi Ballard in ihrem Vortrag auf dem Arbeitsgruppentreffen betonte, ist die Einbeziehung von Gemeindemitgliedern in Citizen Science-Projekte an Schulen eine ungenutzte Ressource. Dies würde es ermöglichen, die Forschung mit den Interessen der lokalen Gemeinschaft zu verbinden.

Mit all diesen Fragen, Erkenntnissen und Ideen im Hinterkopf werden wir weiter nach Ansätzen suchen, die in unserem spezifischen Kontext am besten funktionieren. Wir werden Euch auf dem Laufenden halten. Wenn Ihr in der Zwischenzeit von einem Citizen Science-Projekt an einer Schule erfährt oder Ideen habt, die Ihr mit uns teilen möchtet, könnt Ihr Euch gerne mit uns in Verbindung setzen!

Künftige Zusammenkünfte

Wie es die Tradition will, endete die Konferenz mit der Ankündigung und dem Vormerken von Terminen für zukünftige Veranstaltungen. Die reichhaltige Vorschau umfasste das Citizen Science Forum in Hamburg, an dem Citizen Science Zürich vom 9. bis 10. Oktober 2024 teilnehmen wird, und die zweite globale Konferenz zu CS4Health, die von Citizen Science Zürich am 6. und 7. November 2025 in Zürich veranstaltet wird. Für die nächste ECSA-Konferenz sehen wir uns Anfang 2026 in Oulu (Finnland).

Redaktion: Melanie Brand, Olivia Höhener, Rosy Mondardini

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