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Citizen Science Zürich

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    «Was machst Du da?» Mensch und Schwein entdecken sich gegenseitig. © schweinerleben.ch

Ein Blick hinter die Kulissen des Projekts «SchweinErleben»

Eine Gruppe von drei Sauen und ihren Ferkeln wird über einen Zeitraum von drei Jahren beobachtet, um Einblicke in das natürliche Verhalten von Schweinen zu gewinnen. Kameras erfassen, wie die Schweine schlafen, säugen, nach Nahrung im Wald suchen, spielen, kämpfen oder sich im Schlamm wälzen. Mit der Unterstützung von hunderten freiwilligen Helfern wälzen sich nun Dr. Mirjam Holinger und Dr. Maxime Garcia durch die vielen Stunden Filmmaterial. Die Rede ist vom Projekt SchweinErleben.

Heute gewähren uns die beiden Wissenschaftler*inenn einen Blick hinter die Kulissen: Wer sie sind, was sie antreibt und was sie mit ihrem Forschungsprojekt erzielen möchten.

Alessandro Rearte: Mirjam und Maxime, abgesehen von ein paar Dutzend Schweinen, seid Ihr die Hauptfiguren in diesem Projekt. Könnt Ihr uns sagen, was Eure Beiträge zu den Projekten sind? Es wäre auch interessant zu erfahren, wie ein typischer Arbeitstag von Euch im Büro, im Labor oder im Aussendienst aussieht – wenn es so etwas wie einen typischen Tag gibt!

Mirjam ist Forscherin im SchweinErleben-Projekt und fungiert als Hauptkoordinatorin für die verschiedenen Phasen, die sowohl Forschung als auch Öffentlichkeitsarbeit umfassen. Sie wird von Maxime unterstützt, der für die Erfassung von Tierverhaltensdaten und die Umsetzung der Citizen Science-Komponente des Projekts verantwortlich ist. Diese Aufgaben umfassen die Beobachtung des Verhaltens der Schweine vor Ort und durch Videoaufzeichnungen sowie die Einbeziehung der Öffentlichkeit in die Datenerfassung über eine Online-Plattform. Gemeinsam sind wir für die Entwicklung von Protokollen verantwortlich, die die Datenerhebung zu den verschiedenen im Rahmen des Projekts aufgeworfenen Fragen erleichtern.

Typische Arbeitstage sind... Nicht so typisch! An Bürotagen können unsere Aufgaben vom Brainstorming von Datenerfassungsprotokollen bis hin zur Programmierung von KI-Codes zur Extraktion von Videosequenzen auf der Grundlage der automatischen Schweineidentifikation reichen. Wir wenden uns auch an verschiedene Mitarbeitende, um bei der Rekrutierung von Citizen Scientists zu helfen, mit dem Team des Panoramahofs (dem Bauernhof, auf dem das Projekt stattfindet) über spezifische Anforderungen vor Ort zu kommunizieren, Zeitpläne zwischen Filmteams, öffentlichen Besuchen und Recherchen vor Ort zu koordinieren und Felddaten in verschiedene Computerprogramme einzugeben.

Im Gegensatz dazu sind Feldtage standardisierter und bestehen aus vier Blöcken von zwei Stunden kontinuierlicher Beobachtungen, während derer der Beobachter alle 10 Minuten Gruppenscans durchführt. Die Zeit, die zwischen den Beobachtungsblöcken verbracht wird, wird mit der Sicherung von Videoaufzeichnungen, opportunistischen Beobachtungen des Schweineverhaltens (wenn es ausserhalb der Beobachtungsblöcken etwas spezielles zu beobachten gibt) und der Sicherstellung der Erfassung aller erforderlichen Daten (z. B. individuelle ID-Nummern und Reinigung der Kameraobjektive) verbracht. Obwohl Feldtage sehr strukturiert sind, sind sie immer anders, je nachdem, was die Schweine auf ihrem Programm haben!

 

SchweinErleben möchte herausfinden, wie sich Hausschweine in einer natürlichen Umgebung wie Wäldern, Weiden und Suhlen verhalten. Gibt es bestimmte Ergebnisse, die Ihr erreichen möchtet? Irgendwelche brennenden Fragen, die Ihr beantworten möchten?

Das Projekt ist relativ breit angelegt und zielt darauf ab, zu erfassen, wie sich Schweine verhalten, wenn sie in einer Umgebung untergebracht werden, in der sie ihr volles Potenzial entfalten können. Obwohl der Ansatz explorativ und offen für jede Schlussfolgerung ist, besteht das ultimative Ziel darin, Schlüssel zur Verbesserung des Tierschutzes für Nutztiere zu identifizieren, ohne unbedingt die Absicht zu haben, die landwirtschaftlichen Praktiken zu überarbeiten. Anstatt eine Studie zu sein, die den derzeitigen landwirtschaftlichen Methoden Grenzen auferlegen könnte, wollen wir, dass das Projekt als ein Instrument für Landwirt*innen angesehen wird, die an höheren Tierschutzstandards für ihre Tiere interessiert sind.

Einige der zentralen Fragen, mit denen wir uns in SchweinErleben beschäftigen, sind:

  • Ob ganze Männchen (d.h. nicht kastrierte Männchen) ein Problem darstellen, wenn sie in Gruppen gehalten werden, und wenn ja, wie mit negativem Verhalten umgegangen werden kann.
  • Ob das Wurzel-/Futtersuchverhalten in erster Linie mit der Nahrungsaufnahme zusammenhängt oder ob es eine Wohlfühldimension hat.

 

Was hat euch sonst noch dazu motiviert?

Natürlich ist die Möglichkeit, Veränderungen herbeizuführen, die sowohl den Landwirt*innen als auch ihren Tieren zugute kommen, ein Hauptansatz des Projekts. Ein weiterer ebenso wichtiger Aspekt ist die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die wahre Natur von Schweinen. Die allgemeine Wahrnehmung von Schweinen ist im Allgemeinen sehr begrenzt und wird oft durch eine Sprache verstärkt, die Schweine mit Schmutz assoziiert (z. B. «wie ein Schwein fressen», «wie ein Schwein dreckig sein»). Durch die Untersuchung und Darstellung der Komplexität und des Reichtums des natürlichen Verhaltens von Schweinen (z. B. Mutter-Nachkommen-Beziehungen, Nutzung von Funktionsbereichen und kognitive Fähigkeiten) hoffen wir, eine bessere Wertschätzung dieser Spezies bei Fleischkonsument*innen und Tierliebhaber*innen zu fördern.

Weiterführende Informationen

Wie viel Wildschwein steckt noch in unserem Hausschwein? Helft mit das natürliche Verhalten von Schweinen zu erforschen.

Citizen Science Project Builder

Mehr zu Citizen Science Project Builder

Unser webbasiertes Tool, zur Durchführung von Citizen Science-Projekten zur digitalen Datenanalyse. 

Erzählt uns von Eurer Idee, ein partizipatives Forschungsprojekt auf die Beine zu stellen. Wie profitiert Ihr und die Teilnehmenden davon?

Die Idee war, eine Plattform zu schaffen, auf der die breite Öffentlichkeit mehr über das Verhalten von Hausschweinen erfahren und uns gleichzeitig bei der Datenerfassung helfen kann. Da wir enorme Mengen an Videodaten gesammelt haben, hätte die Analyse aller Daten unpraktisch viel Zeit in Anspruch genommen. Die Einbeziehung von Citizen Scientists in die Analyse dieser Daten war eine fantastische Möglichkeit, ein weiteres Ziel unseres Projekts zu erreichen: Die Sensibilisierung und das Wissen über Hausschweine!

 

Für den partizipativen Teil der Recherche, die Analyse unzähliger Stunden Videomaterial, habt Ihr Euch für unseren ProjectBuilder entschieden. Erzählt uns von Euren bisherigen Erfahrungen.

Der ProjectBuilder ermöglicht eine Vielzahl von Ansätzen, von der Präsentation von Bildern bis hin zu Videoclips, und von der Beantwortung von Multiple-Choice-Fragebögen bis hin zu offenen Fragen, mit oder ohne Abhängigkeiten (dependencies). Kurz gesagt, die Plattform bietet grosse Flexibilität! Daniel, der Projektentwickler, war dabei entscheidend, um uns durch den ProjectBuilder zu navigieren. Seine Unterstützung und technische Beratung ermöglichten es uns, die Benutzeroberfläche an unsere Bedürfnisse anzupassen. Es ist wichtig zu beachten, dass nur finale Daten im ProjectBuilder hochgeladen werden sollten. Es ist keine Änderung oder Anpassung der Originaldaten möglich (z. B. erfordert die Verwendung von Bildern oder Videoclips, dass diese Dateien in der Form für den Upload zum ProjectBuilder bereitstehen, wie sie die Nutzer*innen sehen werden; Sie können Bild- oder Videodateien nicht innerhalb der Plattform schneiden, extrahieren oder modifizieren). Dies ist ein wichtiger Punkt, den es zu beachten gilt.

 

Irgendwelche Empfehlungen für Forschende, die ihr eigenes Citizen Science-Projekt auf die Beine stellen möchten?

Die Fragen sollten klar definiert sein, bevor man sich mit den logistischen Aspekten und der Umsetzung des Projekts befasst. Darüber hinaus ist es wichtig, das Projekt so attraktiv wie möglich zu gestalten. Wir haben gelernt, dass das Verhalten von Schweinen zwar interessant ist, wir aber mehr Add-ons hätten einbauen sollen, um die Teilnehmer weiter einzubinden, wie z. B. Elemente der Gamification. Die Konsultation bestehender Citizen Science-Projekte ist eine wertvolle Möglichkeit, Ideen für Ihr eigenes Projekt zu verfeinern. Zu guter Letzt ist es das Wichtigste, sich mit einem kompetenten Team zu umgeben, das beim Brainstorming, der Werbung und dem Programmieren hilft!

 

Herzlichen Dank für das Gespräch.

Portrait Maxime Garcia

Zu Dr. Maxime Garcia: Maxime ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Gruppe Tierhaltung & Tierzucht im Departement für Nutztierwissenschaften am FiBL – dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau. Sein Forschungsinteresse liegt in der Untersuchung sozialer und kommunikativer Aspekte des Tierverhaltens, um besser zu verstehen, welche Umgebungen/Kontexte zu einem hohen Tierwohl beitragen. Seine Arbeit konzentriert sich auf die Untersuchung des natürlichen Verhaltensrepertoires von Hausschweinen und auf die Untersuchung der Mensch-Tier-Interaktionen.

Portrait Mirjam Holinger

Zu Dr. Mirjam Holinger: Mirjam ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Schweinehaltung und Verantwortliche für Datenanalyse im Departement Nutztierwissenschaften am FiBL. Ihre aktuelle Forschungsarbeit konzentriert sich auf die Bioschweinproduktion und das Wohlbefinden von Schweinen. Sie interessiert sich dafür, wie das Schweinewohl durch zusätzliche Ressourcen wie Raufutter, Wühlmaterial oder Duschen verbessert werden kann.

Redaktion: Alessandro Rearte
Das Interview wurde schriftlich geführt.

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