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Citizen Science Zürich

Interview mit Valerio Lorini: Auswirkungen von Überschwemmungen in städtischen Gebieten erkennen

Im heutigen Interview haben wir mit Valerio Lorini vom Joint Research Centre der Europäischen Kommission gesprochen. Er stellt sein Projekt FIUME vor. Hinter dem italienischen Wort für Fluss verbirgt sich der vollständige Projektname «Flood risk and Impact in Urban areas using social Media». Das explorative Forschungsprojekt untersucht welche Schäden Überschwemmungen oder Stürme in städtischen Gebieten anrichten. Dazu erstellen sie Machine-Learning-Modelle zur Klassifizierung von Tweets, die sich auf solche Ereignisse beziehen. Pilotstädte sind Barcelona und Sao Paulo.

Warum setzen Sie in Ihrem Projekt Citizen Science ein?

Valerio Lorini: Um unsere Machine-Learning-Modelle zu erstellen, gehen wir in drei Schritten vor. Zunächst sammeln wir Daten, die bei früheren städtischen Überschwemmungen veröffentlicht wurden und anonymisieren diese. Der Schutz der Privatsphäre ist uns sehr wichtig, daher verwenden wir nur öffentlich verfügbare Daten. In einem zweiten Schritt kennzeichnen wir die gesammelten Daten entsprechend der Art der Auswirkung. Wird beispielsweise eine Strassensperrung in einem Tweet erwähnt, dann wird dieser als Auswirkung auf die Infrastruktur klassifiziert. Diese Aufgabe wird mit Unterstützung von Expert*innen aus der Katastrophenvorsorge durchgeführt. Auf Basis dieser Daten werden unsere Modelle im letzten Schritt mit einem sogenannten «neural network» trainiert.

Was sind Ihre bisherigen Erfahrungen mit Citizen Science? Was funktioniert gut, was sind die grössten Herausforderungen?

Valerio Lorini: Um die Daten zu annotieren, nutzen wir die «CS Project Builder»-Plattform, die vom Citizen Science Center Zurich zur Verfügung gestellt wird. Wir haben Praktiker aus dem Bereich der Notfallhilfe gebeten, die Plattform zu nutzen, um die Tweets zu lesen und einige Fragen zu beantworten, die bei der Beschriftung der Daten helfen können. Die grösste Herausforderung laut den Teilnehmenden waren kleinere technische Probleme sobald eine grosse Anzahl gleichzeitig aktiv war*. Auch herausfordernd war es, die Motivation der Community aufrecht zu erhalten. Insgesamt hat alles gut funktioniert und wir haben 12’000 Nachrichten klassifiziert, jeweils je die Hälfte für Barcelona und für Sao Paulo.

Eine Herausforderung, die wir bei Citizen Science oft beobachten, ist es, eine Community aufzubauen und zu motivieren. Wie haben Sie dies gemeistert?

Valerio Lorini: In unserem Fall existierte die Community bereits. Unsere Community besteht aus Mitgliedern von VOST Europa – dem Zusammenschluss von «Virtual Operations Support Teams» in ganz Europa. VOST Europa vereint Bürger*innen aus verschiedenen Ländern, die ehrenamtlich mithelfen, korrekte Informationen über Naturkatastrophen zu teilen.

Sie nutzen unseren CS Project Builder. Was sind Ihre Erfahrungen damit?

Valerio Lorini: Es ist ein vielversprechendes Tool, mit dem man in wenigen Schritten ein Annotationssystem aufbauen kann. Es könnten noch gewisse zusätzliche Funktionen eingebaut werden.

Was sind die nächsten Schritte in Ihrem Projekt?

Valerio Lorini: Jetzt, da wir die annotierten Daten haben, trainieren wir unsere Machine-Learning-Modelle und testen sie an Echtzeit-Ereignissen. Wir wenden die «trial and error»-Methode an, bis wir ein Modell mit der gewünschten Genauigkeit haben.

Gibt es noch etwas, das Sie gerne hinzufügen möchten?

Valerio Lorini: Macht weiter so mit der tollen Arbeit! Durch die Nutzung der Plattform bin ich auch auf andere Projekte aufmerksam geworden und habe mich sogar an einigen beteiligt.  

Toll, das freut uns zu hören und wir sind froh, dass Sie unseren CS Project Builder für Ihr wertvolles Projekt genutzt haben! Vielen Dank für Ihre Zeit und wir freuen uns auf Updates zu Ihren Machine-Lerning-Modellen.

Zu Valerio Lorini: Valerio Lorini ist ein Computer Scientist. Er arbeitet derzeit für das Joint Research Centre (DG-JRC) der Europäischen Kommission. Seine Forschung konzentriert sich auf das Katastrophenrisikomanagement, insbesondere auch auf die Frage, wie man Informationen aus von Bürger*innen generierten Daten während einer Naturkatastrophe nutzen kann, um das Katastrophenmanagement zu unterstützen.

*Hinweis: Die neue Version der Plattform, die in einigen Wochen online geht, wird solche Skalierbarkeitsprobleme beheben und bereit sein, Hunderte von Benutzer*innen gleichzeitig zu begrüssen!

Ursina Roffler

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