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Wie können wir Citizen Science in der Schweiz stärken? Im umfangreichen Bericht «Citizen Science in Switzerland: Taking Stock and Ways Into the Future» gibt die ‹Schweizer Expert*innen Gruppe für Citizen Science› Handlungsempfehlungen für diverse Akteure heraus. Darunter auch für Hochschulen. Wir beleuchten diese Empfehlungen und zeigen auf, was wir von Citizen Science Zürich (CSZ) heute bereits tun und welche Empfehlungen wir in Zukunft in die Tat umsetzen wollen.
Autorin: Olivia Höhener
Bericht: «Citizen Science in Switzerland: Taking Stock and Ways Into the Future»
Hochschulen erfüllen eine doppelte Aufgabe. Einerseits betreiben sie Forschung, andererseits bilden sie Studierende und Fachpersonen aus. Dadurch sind sie in einer ausgezeichneten Lage, um Citizen Science zu fördern. Sie können Kurse und Schulungen zu Citizen Science und Public Engagement anbieten und diese Konzepte bei Studierenden und Forschenden bekannt und beliebt machen. Auf struktureller Ebene können sie Citizen Science fördern, indem sie die spezifischen Aktivitäten und Anforderungen von Citizen Science berücksichtigen (und würdigen) und sowohl die Bewertung von Forschung als auch vorhandene Beschäftigungsstrukturen besser auf partizipative Projekte abstimmen. Das Schaffen von Langzeitstellen, die Diversifizierung akademischer Jobprofile für Community Management und Öffentlichkeitsarbeit und die Überarbeitung von Kriterien zur Bewertung von Forschung sind Beispiele dafür.
Um den Mehrwert und die Wirkung von Citizen Science sichtbar zu machen, partizipative Projekte mit entsprechenden Beschäftigungsstrukturen und längerfristigen Programmen zu fördern und sicherzustellen, dass bei der Bewertung von Forschung die besonderen Merkmale und der zusätzliche Nutzen von Citizen Science berücksichtigt werden, empfiehlt die Expert*innen Gruppe für Citizen Science den Hochschulen die Umsetzung von sechs Massnahmen. Die folgenden drei sind für uns und unsere Aktivitäten besonders relevant:
Im Bereich Finanzierung sieht der Statusreport neben dem Schaffen von Langzeitstellen besonderen Bedarf bei der Finanzierung von Projekten, die partizipative und innovative Konzepte und Vorgehensweisen erproben. Diese müssen wegen dem aktiven Einbezug nicht-akademischer Personen ergebnisoffener sein und können gerade deshalb weniger geradlinig verlaufen oder auch mal scheitern. Empfohlen wird insbesondere das Angebot von «Seed Money» - einem kleinen bis mittleren Betrag als Anschubfinanzierung, der den Grundstein für den Aufbau von längerfristigen Partnerschaften und grösseren Folgeprojekten legen kann. Auch hier leistet CSZ seit 2019 Pionierarbeit: Der aktuelle Seed Grant Call ist bereits der siebte und bis zum aktuellen Zeitpunkt haben wir 39 Projekte mit einem Gesamtbeitrag von CHF 1'420'000 fördern können.
Der Grossteil dieser Mittel ging an Nachwuchsforschende – unser Beitrag an die nächste Generation von Forschenden! Das Konzept der «Seed Grants» konnten wir in den vergangenen 12 Monaten nicht nur dem Arbeitskreis Forschung von swissfoundations, sondern auch der OECD präsentieren.
2025 und 2026 wollen wir uns neben der Unterstützung der geförderten Projekte verstärkt der Wirkungsmessung widmen, um eine fundierte Aussage zur Wirkung unserer Seed Grants und der geförderten Projekte machen zu können.
Studierende und Forschende aller Disziplinen sowie «Citizen Science Praktizierende» und Bürger*innen nennt der Statusreport als Zielgruppen von Aus- und Weiterbildung. Neben einem disziplinen- und departementsübergreifenden Ansatz plädiert die Expert*innen Gruppe für Citizen Science auch für den Einbezug von Trainer*innen von ausserhalb der Hochschulen. Sowohl das Disziplinenübergreifende als auch die Diversität der Trainer*innen sind Ansätze, die wir bei CSZ seit längerem umsetzen:
Gemeinsam mit dem ColLaboratoire der Universität Lausanne wollen wir Personen, die an Schweizer Hochschulen Citizen Science oder andere partizipative Ansätze unterrichten, miteinander vernetzen. Ziel für das Jahr 2025 ist es, eine nationale Arbeitsgruppe auf die Beine zu stellen, um Synergien zu nutzen und die Ressourcen der einzelnen Lehrpersonen zu schonen.
Auch Angebote für Bürger*innen sind uns ein wichtiges Anliegen. Hier waren wir in der Vergangenheit aber nicht so erfolgreich, wie wir es gerne gewesen wären: Oft fanden Kurse nur mit einer kleinen Anzahl Teilnehmenden statt oder mussten aufgrund fehlender Anmeldungen ganz abgesagt werden. Seit vergangenem Jahr haben wir ein tolles E-Learning, mit dem man Citizen Science entdecken und Projektbeispiele kennenlernen kann. Dieses kann für Citizen Science-Projekte angepasst werden, um projektbezogene Trainingsinhalte aufzunehmen. Auf diese Weise erhoffen wir uns, unsere Reichweite zu erhöhen!
Neben der Anpassung von Kriterien bei der Bewertung von Forschung, um die Anerkennung von Citizen Science Aktivitäten von Forschenden zu steigern, führt der Statusreport die folgenden zwei Massnahmen als zielführend auf:
Ergänzend zu unserem Kursangebot, in dem Kommunikation ein fester Bestandteil ist, stellen wir mit dem «Wirkungsnarrativ» eine selbst entwickelte Vorlage zur Verfügung. Erprobt an internationalen Citizen Science Konferenzen, erleichtert diese eine zielgruppengerechte Formulierung der erreichten Wirkung und unterstützt Projektleitende dabei, alle dafür relevanten Angaben zu ordnen und sich auf die für die Zielgruppe wichtigsten Aspekte zu konzentrieren. Nachdem auch erste Seed Grant-Projekte die Vorlage angewandt haben, ist unser Fazit: Wir sind begeistert von den Ergebnissen!
Mit dem Projekt «Citizen Science Connected» nehmen wir die von der Expert*innengruppe angestossene «Ambassador»-Idee auf. Unser Ziel: Ein langfristig bestehendes Netzwerk von sogenannten «Citizen Science Points of Contact» an Hoch- und Fachhochschulen, die innerhalb ihrer Organisationen für Forschende, externe Akteure und die Öffentlichkeit bei Fragen zu Citizen Science sichtbar und ansprechbar sind.
Unsere Aktivitäten im Rahmen des Projekts konzentrieren sich darauf, relevante und bereits im Bereich Citizen Science engagierte Personen an Hoch- und Fachhochschulen zu identifizieren, für das Netzwerk zu gewinnen und gemeinsam mit ihnen eine Roadmap für ein langfristiges nationales Netzwerk auszuarbeiten. Neben Informationsaustausch und Peer Learning bieten wir den neuen «Points of Contact» verschiedene Gelegenheiten, selbst partizipative Formate zu erproben und deren Umsetzung in den jeweiligen lokalen Kontexten zu reflektieren. Neben der Roadmap soll damit eine Idee für ein schweizweites Citizen Science-Projekt im Bereich der Nachhaltigkeit entstehen. Wir freuen uns sehr, dass wir für den Aufbau dieses nationalen Netzwerks Förderung von swissuniversities (Programm «Stärkung der Nachhaltigkeitskultur an Schweizer Hochschulen») erhalten. Diese ermöglicht es uns, gemeinsam mit Kolleg*innen des Bioscope und des SDG Solution Space der Universität Genf das Projekt durchzuführen.
Den Hochschulen kommt die Förderung von Citizen Science auch zugute. Denn neben den bisherigen Missionen von Lehre und Forschung ist die sogenannte Third Mission eine Verpflichtung, die Erkenntnisse aus Forschung und Lehre in Gesellschaft und Wirtschaft einzubringen. Citizen Science und andere partizipative Ansätze spielen dabei eine wichtige Rolle. Hochschulen setzen deshalb vermehrt auf eine stärkere Zusammenarbeit mit der Gesellschaft. Sie wollen ihre Forschung und Lehre auch an den gesellschaftlichen Bedürfnissen ausrichten und den Wissenstransfer fördern, um die gewonnenen Erkenntnisse weiten Kreisen zugänglich zu machen. Dass hierzu mehr nötig ist als reine Wissenschaftskommunikation, ist inzwischen vielen bewusst. Dass man für Partizipation, die allen Beteiligten etwas bringt, aber auch etwas investieren muss, möglicherweise noch nicht.
Einige der empfohlenen Massnahmen setzen wir bereits um – teilweise schon seit mehreren Jahren. Deshalb sind wir stolz auf das bislang Erreichte! Wir wollen uns darauf aber nicht ausruhen. Auch in Zukunft wollen wir Forschende und für Citizen Science engagierte Personen bei der Planung und Umsetzung ihrer Vorhaben unterstützen und eine für Wissenschaft und Gesellschaft gewinnbringende Zusammenarbeit fördern. Und dazu beitragen, dass Citizen Science in der Schweiz die Anerkennung findet, die sie verdient.